Mit Stift und Pinsel Als die Fotografie noch ungebräuchlich war, mußte der Reisende seine Eindrücke mit Zeichenstift oder Pinsel festhalten. Bei der Brasilienreise hat Prinz Maximilian unermüdlich Tagebuch geführt und den Skizzenblock gefüllt. Nur gelegentlich übernahm er später auch Zeichnungen seines Reisebegleiters Friedrich Sellow (1789-1831), der etwas besser geschult war. Indem Maximilian über keine Ausbildung im Zeichnen verfügte, war er aber auch nicht durch ästhetische Richtlinien oder akademische Regeln eingeengt, sondern nur dem unbestechlichen Blick des Naturforschers verantwortlich . Erst seit der Wiederentdeckung des zeichnerischen Nachlasses durch Josef Röder ( 1914-1975) hat das Bemühen des Prinzen die verdiente Anerkennung erfahren. Insgesamt 123 Zeichnungen und Aquarelle eigener Hand befinden sich im Nachlaß aus der Brasilienreise. Landschaftseindrücke, Ereignisse, Indianer und ihr Leben, Menschen in Stadt und Land werden aus dem spontanen Eindruck heraus skizziert. Personen zeigt er gerne im Profil. Ausrüstungsgegenstände, Schmuckstücke und Haartrachten hat er detailliert und gerne dargestellt. Im
Anhang zum ersten Band der Brasilienreise erklärt Wied:
Zur
Abbildungsqualität meinte schon Josef Röder: Daher
wurden die Skizzen vor der Drucklegung vor allem durch seine
Geschwister Carl ( 1785-1864) und Louise zu Wied (1773-1864),
die an der Dresdner Akademie studiert hatten, umgezeichnet.
Dazu kommen gelegentliche Änderungen, die von Malern und
Stechern vorgenommen worden sind. Genannt werden Johann Heinrich
Richter (1803-45), Philipp Veith (1768-1837), Johann Gottfried
Abraham Frenzel (1782-1855) und Johann Karl Schleich d. J. (1788-1840).
Freilich
dürften weder mangelnde Durchsetzungskraft, noch reisebedingte
Ermüdung oder rückblickende Verklärung Gründe
für die erkennbare Nachgiebigkeit Maximilians gewesen sein,
sondern das Vertrauen des bescheidenen Mannes auf das Urteil
der Fachleute. Er war sich stets seiner Grenzen bewußt
und äußerte in einem Brief an seine Mutter (1815),
unterwegs Auch die Kupferstecher kamen meist aus dem Kreis der Dresdner Akademie. Aus ihrer Produktion gelangten 19 Motive auf separaten Tafeln des Reisewerkes und 22 großformatige Kupferstiche im zugehörigen Atlas zur Veröffentlichung. Für die handkolorierten Abbildungen in den naturgeschichtlichen Bänden dienten ebenfalls Skizzen Maximilians als Vorlage. Die Reinzeichnung und Aquarellierung besorgten mit gutem Einfühlungsvermögen die Zeichner und Grafiker Wilhelm Hartmann (1793-1862) und (n. Joost) Hermann Bekkers. Die Erfahrungen der Brasilienexpedition bewogen Maximilian, für
seine Reise durch Nordamerika den Schweizer Landschaftsmaler Karl Bodmer (1809-93) als Begleiter einzustellen. Doch selbst
gegenüber dessen Meisterleistungen bewahrte sich Maximilian
den nüchternen Blick. Gelegentlich kritisierte er Indianerbilder
Bodmers, weil er die dargestellten Personen gar
Zutiefst Naturfreund, stellte er das unmittelbare Erlebnis grundsätzlich
über jedes noch so vollendete Kunstwerk in der Überzeugung,
daß es In diesem Sinne legte Wied bei der Illustration der "Abbildungen zur Naturgeschichte" Wert darauf, daß stets nach Originalpräparaten gearbeitet wurde, die er, falls erforderlich, bei Hinrich Martin Lichtenstein (1780-1857), Berlin, oder Heinrich Boie, Leiden, anforderte. Ein großer Teil der Abbildungen wurde von dem Schweizer Wilhelm Hartmann gestaltet, den Maximilian 1820 für ein Jahr nach Neuwied eingeladen hatte, um hier die Lithografien von Hand zu kolorieren. Die Intentionen und Wirkungen des künstlerischen Schaffens von Prinz Maximilian hat zuletzt Renate Löschner vom Ibero-Amerikanischen Institut Preußischer Kulturbesitz in Berlin überzeugend herausgearbeitet. Sie schreibt: Maximilian ging es um die Vermittlung eines authentischen Bildes von Brasilien, das sich im frühen 19. Jahrhundert wissenschaftlich fundamentiert in der Alten Welt durchsetzte. Dabei war das exotische Südamerika schon seit dem 16. Jahrhundert in den Blickpunkt europäischen Interesses geraten. Doch die Informationen aus dieser Hemisphäre waren spärlich und widersprüchlich, Bildliche Darstellungen, die dort ihren Ursprung hatten, wie die zum Teil grausamen Illustrationen des leidgeprüften, in spanischen Diensten stehenden deutschen Landsknechtes Hans Staden (1557) boten der Phantasie unendliche Anregungen. Der "wilde, menschenfressende Indianer" stand im Mittelpunkt. Die in Frankfurt am Main ansässige Verlegerfamilie de Bry zog daraus und aus vereinzelten anderen Reiseberichten bis weit in das 17. Jahrhundert hinein motivische Anregung . Es kristallisierte sich ein Klischee von Amerika heraus, das der europäischen Phantasie Rechnung trug und von den zeitgenössischen Kunstauffassungen bestimmt wurde. (Renate Löschner, in: Brasilien-Bibliothek der Robert Bosch GmbH, Bd. 11, Tl. 1, Stuttgart 1988,S. 11)
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