Krönung des Kaisers Beginn der Kölner Reformation
Die Auseinandersetzung beginnt Der Kurfürst wird angegriffen
Vertreibung des Erzbischofs Der Aufstand
in Köln
Jugend und Karriere
Hermann kam als viertes Kind von Friedrich von Runkel,
Graf zu Wied und Herr zu Isenburg (1454 - 1487) und seiner Frau
Agnes, geborene Gräfin Virneburg, am 14.1.1477 zur Welt. Seine
Mutter starb ein Jahr nach seiner Geburt.
Seine Brüder waren: Adam, Wilhelm III., Johann III. und Dietrich.
Um zu verstehen, warum Hermann eine Laufbahn als Kirchendiener wählte,
muß man wissen, daß seine Brüder ebenfalls im Kirchendienst
tätig waren.
Adam wurde 1472 Domherr, Wilhelm 1475 und Dietrich 1482. Hermann wird
1483 dem Domkapitel in Köln zur "geistigen Erziehung und Belehrung"
übergeben. Im selben Jahr stirbt sein Bruder Adam und Hermann nimmt
dessen Platz ein.
Als Johann III. 1506 Elisabeth von Nassau-Dillingen heiratet, finden
wir in der Urkunde als Mitunterzeichner: Dietrich, Dekan von St. Gereon
in Köln, sowie Hermann, Canonicus und Domherr zu Köln. Hermann
war zu dieser Zeit 29 Jahre alt.
1515 stirbt in Köln der amtierende Erzbischof Philipp. Hermann
wird zu dessen Nachfolger gewählt, von Papst Leo X. als Erzbischof
unter dem Namen Hermann V. bestätigt und vom deutschen Reich als
Kurfürst anerkannt. Dennoch dauerte es noch drei Jahre, bis Hermann
in sein Amt feierlich eingeführt wurde.
Krönung des Kaisers in Aachen
Karl V.
1519 wohnt Hermann der Reichsversammlung in Frankfurt bei, wo Karl V. zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Sein Begleiter
war ein Hermann von Nuenar (Neuenahr), Domherr und Probst zu Köln,
dessen Bruder mit Anna von Wied und Moers vermählt war.
Am 23. Oktober desselben Jahres salbte Kurfürst Hermann in Aachen
Karl V. zum Kaiser, krönte ihn und überreichte ihm die Reichsinsignien.
Nach der Krönung Karl V. hielt sich, neben anderen deutschen Fürsten,
Kurfürst Friedrich von Sachsen in Köln auf, um sich mit Erasmus
über Luther zu besprechen, vom dem der weise Kurfürst geschrieben hatte:
In ihm schütze ich nicht nur allein den Menschen, sondern
die Sache. Und den, der Belohnung verdient, kann ich nicht strafen lassen.
Als der junge Kaiser Luther's Schriften in Köln
verbrennen ließ, was er später in einem Brief an Friedrich
den Weisen tadelte, und nun der päpstliche Legat Friedrich riet
dasselbe zu tun, entgegnete dieser:
Erst müßten jene Schriften mit Vernunft und aus
heiliger Schrift geprüft werden; dem Kurfürsten möge
man nichts zumuten, was er nicht in Ehren tun könne.
Und nicht nur unter den hochgeachteten Gästen
zu Köln sprach man solchermaßen über die Religionsangelegenheiten,
sondern auch in der erzbischöflichen Stadt selbst gab es bereits
unbefangene Denker. So gab der Dominikaner-Prior zu Köln, Johann
Faber vor dem Reichstag zu Worms dem Kurfürsten von Mainz zu erwägen:
daß, wenn die, welche Luther's Lehre angriffen, ihre
Sitten nicht änderten, sein Unternehmen nicht unterdrückt
werde können, sondern Steine und Hölzer schreien würden.
Mit Bann und Acht sei hier nichts auszurichten, sondern durch gelehrter
und gottesfürchtiger Männer Untersuchung geschehe Bruder Martin
Recht und dem Volk beruhigende Genugtuung.
Hermann gefielen solche Reden, gleichwohl sie
von den Mächtigen des Reiches nicht beachtet wurden.
1522 wollte nun Hermann, was jeder ordentliche Erzbischof tun sollte,
seinen feierlichen Eintritt in Köln halten. Zuvor hatte er aber
sein Pallium und die päpstliche Bestätigungsbulle der Bürgerschaft
vorzuzeigen und ihre Freiheiten und Rechte anzuerkennen. Darüber
war aber ein "Irren und Spennen" mit dem Rat und der Gemeinde
entstanden, sodaß der Kaiser im folgenden Jahr Erzbischof Richard
von Trier mit der Untersuchung des Falls beauftragte.
Als dieser sich für Hermanns Eintrittsrecht entschieden hatte,
befahl der Kaiser der Stadt ihren Erzbischof den Eintritt zu gestatten
und den Treueeid zu leisten, andernfalls drohte er mit Acht, Oberacht
und dem Verlust ihrer Rechte und Freiheiten.
1523 wurde Hermanns Bruder Friedrich, Dekan zu St. Gereon in Köln
zum Bischof von Münster gewählt. Hermann schrieb...:
...dem Wohlgebornn unserm Amtmann zu Linz, Lahr und Wied,
Neffen und lieben Getreuen Johann, Grafen zu Nassau, Herrn zu Beilstein:
Wir sind willens, wenn Gott will, den ehrwürdigen Herrn Friedrich,
erwählten Bischof zu Münster, auf Montag nach St. Peterstag
zu Münster einführen zu helfen. Wir schicken Euch darum unser
Hoftuch und Farbe und begehren: Ihr wollet in Harnisch, Helme und Spießen,
Knechten und Pferden, in unserer Farbe dazu rüsten, um, wenn wir
es Euch wissen lassen, sammt Euren Staatskleidern bei uns zu erscheinen.
Bruel im Junius
In den zwei folgenden Jahren fand die Versammlung
der Reichsstände in Regensburg, sowie der Reichstag zu Speyer statt.
Auf beiden war das zentrale Thema die Unruhe im Volk, hervorgerufen
durch Luther's Thesen. Hermann, dem die Ausschweifungen der Kirche selbst
ein Dorn im Auge waren, sympathisierte insgeheim mit der neuen Lehre.
Vier Jahre später, im Jahre 1529, fand erneut ein Reichstag zu
Speyer statt. Dort entschied sich die Mehrheit für die Einberufung
einer Kirchenversammlung, selbst gegen den Willen des Papstes. Die Evangelischen
sollten bis dahin jede weitere Verbreitung ihrer Lehre unterbinden.
Hermann stimmte zwar auch für die Kirchenversammlung, er erhoffte
sich von ihr jedoch die Herstellung einer gereinigten Religionsverfassung,
ohne Trennung von der katholischen Kirche.
Er selbst entschied sich für den sanften Mittelweg Melanchton's,
den auch Luther im Oktober in Marburg in einem Vereinigungsartikel mit
Zwingli genehmigt hatte und versicherte den Protestanten beim Reichstagsabschied
seine friedliche Gesinnung.
1531 wird Ferdinand, der Bruder Kaiser Karls, zum römischen König
gewählt. Obwohl diese Wahl vor allem bei den evangelischen Fürsten
umstritten war, wurde er dessen ungeachtet von Hermann gesalbt.
Hermann der Friedfertige genannt, der milde Vater seiner Untertanen,
zeigte sich nur gegen Volksempörungen streng. 1532 zum Bischof
von Paderborn gewählt, bestrafte er die Lutheraner mit einer Geldbuße
von 2000 Gulden, weil sie Bilder, Denkmäler und Bücher aus
den Kirchen entfernt hatten und nötigte sie zu dem Versprechen
Luther nicht mehr anzuhängen.
Als sie aber kurz darauf mit Gewalt auf ihre Rechte und Privilegien
pochten, zog er mit 1000 Mann, Dragonern und Fußkriegern, am 9.
Oktober in Paderborn ein und vertrieb, gereizt von den Domherren und
entrüstet über die Gewalttätigkeiten des neuerungssüchtigen
Volkes, die Lutheraner, ließ ihre Prediger und sechzehn Bürger
gefangen setzen und verurteilte sie zum Tod durch das Schwert.
Zwei aus dem Gefängnis entwichene Geistliche ließ er laufen
und als man ihn für die sechzehn Verurteilten auf der Richtstätte
anflehte und der Henker selbst das Schwert den Richtern mit den Worten
reichte, er wolle nicht das Blut unschuldiger vergießen, begnadigte
Hermann sie alle.
Sein Bruder, Bischof Friedrich zu Münster, behandelte die evangelischen
schon seit 1523 weitaus schonender, schien sogar selbst die Reformation
zu betreiben. Zuletzt über den wachsenden Unfug der Wiedertäufer
in Münster bekümmert, folgt er dem Rat Johann von Sachsen
und entsagt dem Bistum, weil er lieber dieses geistliche Amt nicht bekleiden,
als gegen sein Gewissen gegen die Untertanen Gewalt anwenden wolle.
Beginn der Kölner Reformation
1533 stirbt Hermanns Bruder und Familienoberhaupt
Johann III. Nachfolger wird sein Sohn Johann IV.
Drei Jahre später beruft Hermann eine Provinzalsynode in Köln
ein, an der Bischöfe seiner Diözese aus Leiden, Utrecht, Münster,
Osnabrück und Minden teilnahmen. Auf dieser Synode wurde unter
der Leitung Hermanns Verordnungen bezüglich kirchlicher Lehren
und Gebräuchen erlassen, die auf die Herstellung eines evangelischen
Christentums in Verbindung mit einem bereinigtem katholischem Kirchenwesen
abzielten.
Selbst Kardinal Sadolet lobte die Entwürfe, war lediglich etwas
befremdet über die Auslassung des Fegefeuers. Der Erzdiakon Johann
Gropper, war scheinbar für Hermanns Vorhaben gewonnen, jedoch verfasste
er nach der Synode eine Schrift, die das Vorhaben Hermanns gänzlich
falsch darstellte. Weder Hermann noch die Protestanten konnten dieser
Schrift zustimmen.
Kölner Münze aus der Amtszeit Hermanns.
Der vorsichtige Erzbischof "wagte es aber noch nicht, seine Überzeugungen
offen darzulegen, um der leidenschaftlichen Befangenheit der Mönche
und Theologen willen, denen noch unschmackhaft war, was nicht aus ihrer
Küche kam." Im Dom zu Köln zog seither ein Prediger durch
rein evangelische Reden die Leute zu tausenden an.
Nach diesem ersten Reformationsversuch reiste Hermann im Herbst 1536
nach Berlin zum Kurfürsten von Brandenburg und anschließend
zum Kurfürsten von Sachsen um sich Rat zu holen. In seinem Bestreben
gestärkt kehrte der Erzbischof zurück, um in den nun folgenden
Jahren einen Familienstreit zwischen Sayn und Wied zu regeln. Sein Neffe
Johann IV. verzichtete auf das Kanonikat bei St. Gereon. Dieses übernahm
dessen Bruder Friedrich. Nach Regierungsantritt Johanns wurde dieser
vom Grafen Johann VI. zu Sayn wegen Irlich
und anderer von Sayn in Anspruch genommener Güter verklagt. Johann
zu Sayn überfiel sogar das Dorf Heddesdorf. Hermanns Neffe strengte
nun seinerseits eine Klage beim Reichskammergericht wegen Landfriedensbruch
an. Hermann schlichtete den Streit, in dem in Poppelsdorf ein Vertrag
unterzeichnet wurde, in dem sein Neffe mit dem sayner Schloß Widerstein
belehnt wurde. Sayn aber verzögerte die Herausgabe immer wieder,
was erneut zu Streitigkeiten führte. Zudem weigerten sich auch
Heimbach und Gladbach, den Grafen Wied als ihren Herren anzuerkennen.
All dies zog sich nahezu sechs Jahre hin.
Herrmanns Freund, der Kurfürst von Trier, Johann IV. Herr von Metzenhausen,
wünschte sich ein Ende der kirchlichen Spaltung. Er gab sich Mühe
Frieden zwischen Protestanten und Katholiken zu stiften und erklärte
dem Hessischen Kanzler:
Man müsse auf diese Zwecke ernstlich denken, weil Papst
und Kaiser die Religion nur zum Vorwand brauchten, um alle Fürsten
Deutschlands zu unterdrücken
Die Auseinandersetzung
beginnt
Als im Februar 1539 in Frankfurt eine Fürstenversammlung
eröffnet wurde, um über die Türkenkriege und die Religionsangelegenheit
zu verhandeln, sandte Hermann seinen Vertrauten, um selbst mit Melanchton
über die Reformation im Erzstift Köln zu reden. Hermanns Freund,
der Graf Wilhelm von Nassau hatte die Kirchenverbesserung in seinem
Land bereits begonnen. Deshalb wollte Hermann sie nun auch im Wiedischen
vorbereiten. Melanchton wurde von ihm nach Bonn eingeladen, konnte aber
nicht kommen und schrieb am 17. März, daß er sich freue den
Erzbischof auf dem richtigen Weg zu sehen und lobt ihn, daß er
in Nürnberg nicht am katholischen Bündnis teilgenommen hat.
In Betreff der Religionseintracht, sei eine solche zu suchen, die nicht
wie im Briefe Groppers geschehen, die Wahrheit verfinstert.
Im folgenden Jahr begibt sich Hermann zusammen mit Gropper, dem er immer
noch redliche Gesinnung zutraut, nach Hagenau, wohin der römische
König Ferdinand die Fürsten und Religionsgelehrte gerufen
hatte, um "über die abweichenden Lehren Verständigung
zu schaffen". Dort lernte er den Theologen Bucer kennen, freundete
sich mit ihm an und bat ihn nach Bonn zu kommen.
Das dort angefange Religionsgespräch wurde im Januar 1541 zunächst
in Worms, dann in Regensburg fortgesetzt.
Die wohleingeleitete Unterhandlung beim Kaiser aber wurde von dem kaiserlichen
Rat Granvella aufgehoben.
Daraufhin versammelte Hermann am ersten September seine Unterbehörden
zur Beratung, konnte aber nichts ausrichten.
1542 bestätigt König Ferdinand wegen der Türkenkriege
den Protestanten einen fünfjährigen Religionsfrieden. Mancher
Fürst nutzte diese Zeit der Ruhe, um sein Land zu reformieren.
So führte der Pfalzgraf Otto die Reformation im Fürstentum
Neuburg ein.
Bucer entschuldigt sich bei Hermann für sein Fernbleiben und schreibt
an den Kurfürsten von Sachsen und den Landgrafen von Hessen, der
Erzbischof hege die besten Absichten, müsse jedoch ermuntert werden,
da sein Alter ihn schlaff mache.
Im Dezember erscheint Bucer auf dem Erzbischöflichen Schloß
in Buschhoven bei Poppelsdorf und predigt auf Hermanns Befehl im Frühjahr
in Bonn.
Unterdessen hatte Hermann den Kurfürst von Sachsen gebeten ihm
den weisen Melanchton einige Zeit "auszuleihen". Im selben
Jahr noch wird Melanchton Gast bei Johann IV. auf Schloß Runkel.
Im März beruft der Erzbischof seine Stände, ausgenommen die
Geistlichkeit nach Bonn, um die Verbesserung mit ihnen zu beraten. Sie
überließen es jedoch ihm, geeignete Männer dafür
auszuwählen. Die Geistlichkeit hatte er deswegen ausgeschlossen,
weil sie ihm schon früher widerstrebt und seine neuesten Pläne
an den Papst berichtet hatte. Vor kurzem erst hatte sie eine Breve von
Paul III. erhalten, in der sie zur Standhaftigkeit ermahnt wurde. Ein
ähnliches gelangt an den Bürgermeister von Köln: "Hermann
der Abtrünnige, Euer Erzbischof, wenn er dieses Namens noch wert
ist, wagt es Eure Kirche umzustürzen! Widersteht ihm mannhaft und
lasset nicht ab, mit allem Eifer und Fleiß ihn zu überreden,
daß er von so einem großen Verbrechen absehe. etc."
Melanchton beschrieb im Mai den Eindruck, den die kölnische Kirche
auf ihn gemacht hat: "man könne nicht ohne Tränen die
Gebrechen der kölnischen Kirche sehen, da täglich noch die
Volksmenge zu den Bildern eile, woraus die Religion des Pöbels
bestehe. Daher wünscht der greise Fürst so dringend eine gute
Verbesserung. Bekommt aber wenig Unterstützung; Köln widersetze
sich; hie und da finde sich ein wohlgesinnter Mann. Die wütensten
unter den Kanoniker drohten dem Erzbischof mit Ausstossung. Die übrigen
Städte und der Adel aber sind mit Hermann einer Meinung und möchten
eine Kirche nach Nürnberger Vorbild. Pistorius, Heido und Bucer
lehrten fleißig in Bonn, Kempen, Melene (Mölln?),
Buschhoven, Linz und Andernach, leider dankte man ihnen ihre Mühe
aber durch Zerstörung und Verwüstung der Kirchen.
Anfang Juni war die Verfassungsschrift für die evangelische Lehre
unter Bucer's und Melanchtons unermüdlichen Händen endlich
fertig geworden. Der Erzbischof ließ sich in Gegenwart seines
Coadjutors, dem Grafen Adolph von Schaumburg, des Dekans Grafen Heinrich
von Stolberg und einigr anderer, von Bucer und Melanchton das neue Recht
vorlesen um es teilweise noch verbessern zu können.
Am 20. Juni dann versammelte Hermann die Geistlichen des Kapitels, Grafen, Ritter und Abgeordnete der Stände um ihnen das Reformationsbuch zu genauer Prüfung vorzulegen.
Die weltliche Stände beschlossen die Einführung mit großem Beifall und ersuchten das Domkapitel nichts gegen den Erzbischof zu unternehmen. Die papistische Klerisey war aber durch die Gewalttätigkeiten der Bilderstürmer so erbittert und so konservativ verstockt, daß sie eine Entfernung Bucer's und seiner Mitarbeiter, sowie Bedenkzeit forderte und sich überhaupt allein beraten wollte. Hermann durchschaute ihre Absichten, gab ihr jedoch Zeit und versprach die evangelischen Lehrer zu entlassen, wenn sich gegen Leben und Lehre derselben mit Grund etwas sagen lasse.
Nachdem die Reformationsschrift veröffentlicht war, gab die Geistlichkeit zu Köln ein Antididagma (Gegenschrift) heraus. Der Verfasser war Gropper.
Es dauerte nicht lange, da standen vier Abgeordnete der schmalkaldischen Bundesfürsten mit Briefen und Befehlen an den Stadtrat und das Domkapitel vor den Toren Kölns. Diesen hielten sie die Folgen ihres Benehmens vor, drängten auf eine Bestrafung Groppers und mahnten zur Besserung und Annahme der wahren Lehre.
Man entschuldigte sich, forderte aber gleichzeitig die Unterwerfung des Erzbischofs unter die Beschlüsse des Kaisers und des Reiches. Die Antwort darauf war: "der geistliche Senat tue besser, wenn er in Sachen Religion mehr der Wahrheit und dem Gewissen, als Menschengeboten folge." Am 24. Juli kam die Gesandtschaft nach Bonn und legte dem Erzbischof und den versammelten Provinzialständen ihre Aufträge vor. Hermann bedankte sich für das Wohlwollen der evangelischen Fürsten und wolle die angebotene Hilfe zu gegebener Zeit in Anspruch nehmen. Den Verfasser der Schmähschrift werde er verfolgen lassen und ähnliche Erscheinungen zu verhindern suchen. Die Stände bekannten einstimmig ihre Zufriedenheit mit der Reformation, wohingegen die Kanoniker schwiegen und versuchten Aufschub zu erlangen. Hermann ließ die Reformationsformel nochmals von Melanchton und Bucer durchgehen und entließ am 28. Juli ersteren in fürstlicher Güte.
In den ersten Augusttagen reiste Kurfürst Hermann nach Speyer, wo er Karl V. fußfällig für den Herzog Wilhelm von Cleve bat, gegen den der Kaiser gerade zu Felde zog. Hermann wurde huldreich empfangen und begleitete den Kaiser nach Ehrenbreitstein. Dort riet ihm Karl den Prediger Bucer zu verabschieden und erließ am 9. August eine Ermahnungsschrift an den Klerus zu Köln, daß sie standhaft in ihrem Glauben seien. Der Erzbischof war nun gezwungen Bucer unter Begleitschutz auf einige Zeit aus Köln zu entfernen. Hermann begab sich selbst nach Siegen zum Grafen Wilhelm von Nassau, von dem er sich den Prediger Sarcerius wünschte.
Nachdem nun Bucer nicht mehr in Köln war, traten die Klerisei dem Erzbischof immer offener in den Weg. Am 28. November gaben sie ihm zu Bedenken, daß er von seinen unglücklichen Verbesserungen absehen solle. Weiter möge er die Entscheidung eines Conciliums, einberufen von den Reichsständen oder vom Papst in Trident, abwarten und die hier und da angestellten neuen Prediger wegschicken, wie er es dem Kaiser zugesagt.
Im Dezember ging der Kurfürst wieder nach Speyer, wo der Kaiser und sein Bruder Ferdinand einen Reichstag eröffneten um von den Fürsten Kriegshilfe im Kampf gegen die Türken einzufordern, der bis zum Juni 1544 dauerte. Für den Fortgang der Kirchenverbesserung ließ Hermann im Mai dort dem Kaiser eine von dem Kölner Rechtsgelehrten Omphalius verfasste Verteidigungsschrift überreichen.
Hermann wird angegriffen
Da der Kaiser die gewünschte Kriegshilfe erhielt, sicherte er den Evangelischen einen allgemeinen Religionsfrieden bis zu einem noch zu haltenden Concilium zu. Deshalb setze Hermann sein Werk ruhig und mutig ein paar Monate fort, bis sich am 9. Oktober das Domkapitel in wütendem Protest gegen ihn erhob. Es gab beim Probst Georg von Braunschweig-Lüneburg eine Appellation gegen alle Beschlüsse und Fortschritte des Erzbischofs ein. Georg von Braunschweig-Lüneburg verhielt sich ebenso wie Hermanns Coadjutor Graf Adolph von Schaumburg in dieser Angelegenheit schwankend. Dieses Protestschreiben war an den päpstlichen Stuhl und den Kaiser als höchsten Vogt der Kirche und Vollstrecker der Religionsdekrete gerichtet. Darin war alles, was aus päpstlichen Bullen und Beschlüssen gegen Luther und die Evangelischen angeführt werden konnte, zusammengestellt. Der evangelische Hofprediger Meinershagen in Bonn wurde darin verunglimpft und was sich in Dörfern und Städten zugetragen hatte, von der schlimmsten Seite und mit gehässigsten Übertreibungen gezeigt. Der Unterschrift hatten sich der Domdekan Graf Heinrich von Stolberg und etliche Kapitulare angeschlossen. Die unteren Geistlichen wurden mit Drohungen dazu gebracht oder abgesetzt.
Dieser Appellation setzt Hermann einen widerlegenden Bericht entgegen. Er zeigt darin die Notwendigkeit einer Reformation, wie sie die Stände noch 1538 auf der Reichsversammlung gewollt hätten und erklärte, daß sein Verfahren keines Einzelnen Wohlstand verletzt habe und nur auf Gemeinwohl, Gottes Ehre und auf die Reinigung der Kirche von schmählichen Verderbnissen gerichtet sei. Seine Handlungen verdienten weder des Papstes Verdammung noch die Beleidigung des Kapitels. Er folge den Aussprüchen der heiligen Schrift, die er menschlichen Verordnungen vorziehe und sei durch sein Amt verpflichtet, Abgötterei, unheilige und gottlose Gebräuche, falsche Dogmen und abenteuerliche Zeremonien, die von Christus Lehre abweichen, zu ändern und abzustellen. Er habe keine Ketzerei eingeführt, sondern vielmehr eingeführte ausgerottet. Und da ihm das Kapitel den Beistand versagt hat, habe er fremde und wohlverdiente Männer hinzuziehen müssen. Nehme der Klerus die Appellation nicht zurück, so berufe er sich selbst auf ein freies christliches und nationales Concilium.
Kurz danach, am 18. November, streut das Kapitel eine Bekanntmachung aus, in der es nicht nur seine früheren Vorwürfe wiederholte, sondern den Erzbischof ausserdem noch des Aufrührertums und der Kirchenzerstörung anklagt. Zudem wird ihm vorgeworfen daß er weder auf den Verbesserungsentwurf des Kapitels, welcher den Satzungen der Kirche und Concilienbeschlüssen angemessen sei, noch auf des Kaisers strenges Verbot geachtet, ja sogar schon eine Kirchenvisitation gehalten habe. Man beschwört ihn mit seinen Änderungen einzuhalten und der eingegangenen Landesvereinigung nachzukommen.
Hermann antwortet darauf den 13. Dezember in einer öffentlichen Schrift. Darin erzählt er nochmals ausführlich den Hergang der Sache, beruft sich auf die Kunde und das Gewissen der Stände und schildert den traurigen Zustand seine Diözese. Wie nicht nur das Volk, sondern selbst Ordensgeistliche und Pastoren, von den Zehn Geboten, dem Gebet des Herrn, der Bedeutung und rechten Gebrauch der Sakramente nichts gewußt haben und durch Fabeln, Menschenmeinungen und Aberglauben den Gottesdienst verderbt und in Sitten und Wandel Ärgernis gegeben hätten. Der Kaiser selbst habe sich darum bemüht und in dem Dekret von Würzburg 1541 sei den Prälaten ausdrücklich eine Reform zur Pflicht gemacht und am 10.3.1542 von den Provinzialständen des Erzstifts begehrt worden. ... Das Mandat des Kaisers sei durch falsche Eingebungen erlangt worden: der Erzbischof sei dem Kaiser zwar Gehorsam schuldig und dazu bereit, von dem, was er aber als wahr und christlich erkannt habe und das Gewissen ihm bezeuge werde er nicht abweichen. Das könne er ohne Sünde wider den heiligen Geist nicht tun. - Luther sei ohne Untersuchung gewalttätig und tyrannisch verdammt worden. Von dem Wormser Beschluß gegen Luther habe er nichts gesehen. Habe er auch gegen den Papst Verbindlichkeiten gehabt, so erkenne er diese nicht mehr an... Von dem Reformationsbuch seien Exemplare dem Kaiser und den Reichsständen übersandt andere aber vor Erscheinen der Gegenschrift ohne sein Wissen verkauft worden. ... Eine Visitation habe er zwar vorgehabt, diese aber wegen zu vieler Widersprüche aufgeschoben. Bei der letzten Zusammenkunft mit dem Kaiser habe dieser zwar die Einstellung der Reformation bis zu künftigen Beschlüssen gefordert, auf des Erzbischofs Gründe aber die Verkündigung des lauteren Wortes Gottes zugelassen. Die Landesvereinigung gehe die Religion nichts an und hindere ihn nicht daran, zu tun was Gottes Wort fordere und wofür er sich jederzeit vor Concilien und Reichstagen verantworte.
Darauf sandten die Päpstler die Appellation
ab.
Hermann berief in Bonn eine Ständeversammlung ein, die einen Ausschuß wählte. Am 29. Dezember sandte das Domkapitel an diesen mit der Anweisung gegen den Erzbischof zu reden:
Die Clerisei repetire yre furgethane bitt und begere abermals eyndrechtlich seyner Churf. Gn. van solchen yrem furnemmen desergestalt abzulassen, dese predicanten abzuschaffen und alte christliche ceremonyen wie gewonlich zu halten, bis zu gemeyner eyndrechtiger christlicher ordenlicher verglichung, als wir zu Gott hoffen seyn Gnade eynsmals verlehen werde.
Außerdem werde das Domkapitel sich an die kaiserliche Majestät und alle Stände wenden und dem Kurfürst die geschworene Treue aufkündigen.
Hermann schrieb ihnen acht Tage später und ließ ihnen auch durch seine Räte sagen, er sehe wohl, daß die Kanoniker die Religon mit Füßen träten und es ihm als Verbrechen anrechneten sich des verhaßten Luthertums verdächtig gemacht zu haben. Er aber habe über viele Jahre hinweg betrübt dem Treiben der Clerisei untätig zugesehen und endlich nach sorgfältigster Prüfung die Lehren Luthers für wahr und richtig gefunden und sich dazu entschlossen diese einzig wahrhaftige Lehre in seiner Gemeinde zu verbreiten. Er habe das Vertrauen, daß niemand ihn in den vielen Jahren seines Erzbistums eines Ungehorsams gegen Kaiser und Papst in äußerlichen und bürgerlichen Dingen beschuldigen werde und auch die Anstellung der evangelischen Priester erfolgte aus der Familienkasse, obgleich er dies nicht nicht nötig hätte. Wenn sie ihn aber am Ziele seiner Tage um dieser höchst gerechten, gottgefälligen und ehrenvollen Sache willen mit Gewalt oder List von Würde und Amt verdrängen wollten, so stelle er dies dem höchsten und gerechten Gott anheim und es werde ihm nicht schwerfallen, so wie er geboren, auch zu sterben, als wiedischer Graf, der bei seinen Anverwandten Aufnahme und Unterhalt finden werde.
Hermann wird abgesetzt
Das Domkapitel aber wiederholte seine Gehässigkeiten zusammen mit der Erklärung des Kurfürsten bei den Dienern des Kaisers. Am ersten März 1545 kam der kaiserliche Rat Ravius zu Hermann und eröffnete ihm in des Kaisers Namen, daß auch Köln im Frieden mit Frankreich eingeschlossen sei. Auf die Religion angesprochen wiederholte er seine Verteidigung. Mit Ravius reiste der Official Bernard Georgii und Lovenberg als Abgesandte des Erzbischofs zum Reichstag nach Worms um ihren Herren zu verteidigen. Dort erhielten sie auch die Zusicherung ihres Schutzes und den Anschluß an den Speyerschen Frieden von 1544. Für Hermann sprachen: Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz, Kurfürst Joachim von Brandenburg und Kurfürst und Herzog Moritz von Sachsen, jedoch umsonst. Gropper eilte nach Worms und erwirkte harte Verfügungen.
Am 25. Juni erließ der Kaiser ein Schutzdiplom an die Kölner, in dem er dem Kapitel, dem Klerus, und den Provinzialen, Schutz und Verteidigung wider alle Neuerungen Hermanns versprach; den Zuwiderhandelnden aber die strengsten Strafen, den Verlust aller Konzessionen und Privilegien androhte. Gleichzeitig gab er allen Reichsständen Exekutionsgewalt.
Die Abgeordenten des Erzbischofs waren in Worms nicht mehr sicher und schlugen sich auf die katholische Seite. Hermann hingegen sandte wütend das kaiserliche Edikt an den Kurfürst von Sachsen und beschwerte sich: es sei erschlichen, dem Kaiser zieme es nicht, er habe kein Recht
über Religion zu bestimmen.
Am zehnten Juli appellierte Hermann an eine allgemeine Kirchenversammlung. Es unterschrieben sein Bruder Friedrich, Heinrich von Stolberg, Christoph von Oldenburg, Philipp von Daun-Falkenstein und der Pfalzgraf Richard.
Am achtzehnten Juli erging an ihn und seine Freunde eine Zitation von Papst Paul III., daß sie sich binnen sechzig Tagen in Rom einzufinden haben.
Am 19. August kam der Kaiser auf der Rückreise aus den Niederlanden selbst zu Hermann, machte ihm bittere Vorwürfe und drohte ihm mit Absetzung, denn die erzbischöfliche Würde hänge vom Papste ab und mit dieser stehe und falle die kurfürstliche. Wiederum verteidigte sich Hermann und versicherte dem Kaiser seine Folgeleistung in allem, was weltliche, nicht jedoch geistliche Dinge beträfe.
Nachdem nun die päpstliche Frist abgelaufen war, bekam Hermann am 19. September eine Vorladung vor den Kaiser binnen eines Monats nach Brüssel.
Wegen der der kaiserlichen Vorladung Hermanns nach Brüssel kam der Schmalkaldische Fürstenverein im Oktober zusammen, vertagte sich aber, uneinig, was zu tun sei. Moritz von Sachsen tröstete den gekränkten Erzbischof und ermunterte ihn, bei der vor Zeugen und Notar zu Bruel eingelegten Protestation zu bleiben. Die übrigen evangelischen Fürsten blieben bei Lippenbekenntnissen. - Wiederum ließ Hermann die Frist verstreichen.
Der päpstliche Legat Verallo, Erzbischof von Rossano, überreicht Herrmann 1546 ein öffentliches Urteil vom 8. Januar zu Maastricht, kraft dessen der Erzbischof von Köln von Amt und Einkünften suspendiert wird. Dasselbe widerfuhr seinen obengenannten Freunden.
Hermann klagte dagegen, erhielt auch Unterstützung von der Versammlung der rheinischen Fürsten zu Wesel, aber selbst eine Unterredung des Kurfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen mit dem Kaiser blieben fruchtlos.
So wurde Erzbischof Hermann am dreizehnten April vom Papst als abgesetzt erklärt und die Untertanen desselben von Eid und Gehorsam entbunden. Dies war aber noch nicht bekannt gemacht worden.
Inzwischen rüstete der Kaiser wider die evangelischen Fürsten im Land und ließ Hermann wissen: wenn er sich ruhig verhalte werde ihm nichts geschehen. Seinen Neffen den Grafen Johann IV. zu Wied, ermahnte er besonders, nicht am Bündnis gegen ihn teilzunehmen. Folglich war bereits das ganze Wiedische Haus bis auf Friedrich den Jüngeren konvertiert.
Der Aufstand in Köln
Nach Empfang der päpstlichen Absetzungsbulle erklärte Hermann öffentlich, daß er den Papst nicht als Richter anerkenne.
1547 wurde Graf Adolph von Schaumburg, der ehemalige Coadjutor Hermanns, vom Papst als Erzbischof in Köln eingesetzt.
Um dem Papst zu genügen, sandte der Kaiser den Befehlshaber von Geldern Lalangus und den kaiserlichen Rat und Ritter Viglius nach Köln, um die Stände zu Eid und Pflicht für den neuen Erzbischof auffordern zu lassen. Die Clerisei waren sofort dazu bereit. Der Adel
und die Abgeordneten der Städte weigerten sich jedoch von Hermann abzufallen. Es drohten Aufstand und Unglück, da ein großer Teil des Volkes entschlossen war für Hermann zu kämpfen. Der Herzog von Cleve schickte Hermanns Verwandte Dietrich von Manderscheidt
und Dietrich von Neuenahr an ihn mit der Bitte: Er möchte sich des treuen Volks erbarmen und es seines Eids entbinden.
Hermann tat ihm diesen Gefallen und trat am 25. Februar freiwillig vom erzbischöflichen Amte ab und zog sich auf die Burg Wied zurück.
Am 15. August 1552 stirbt Hermann im hohen Alter
von 76 Jahren. Er wurde in der Kirche zu Niederbieber zwischen seinen Eltern beigesetzt. Der Grabstein ist mit dem Erzbischöflich-Kölnischen, dem Bischöflich-Paderbornischen und Gräflich-Wiedischen Wappen versehen und trägt die Inschrift:
Hermannus Comes a Weda. Elec...Archie...iensem Anno Domini 1515.
Postulatus Administrator Ecclasiae Paderb...nensis. Anno 1532. Cessit
Archiepiscopatui et...Ratio...1547. Obiit Anno Domini 1552. Die 15.
Augusti. Aetatis...Ver...vae 76.
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