Prinz Max zu Wied

Leben und Werk

Begleitschrift zur Ausstellung im Landschaftsmuseum Hachenburg 1994

Vegetation und Pflanzen der Prärie

Auf dem nordamerikanischen Kontinent gibt es zwischen dem Waldland im Osten und den Rocky Mountains eine große kontinentale Trockenzone. Die Sommer sind sehr heiß, die Winter hingegen sehr kalt. Der Jahresdurchschnitt der Niederschläge liegt dort zwischen 300 und 500 mm. Es handelt sich um ein typisches Kontinentalklima.

Die durch die Gletscher geformte und von weiten Hügeln geprägte Landschaft ist vor allem mit Gras bewachsen. Im Osten sind die Gräser noch sehr hochwüchsig. Dies ist die Prärie im engeren Sinn. Je mehr man sich aber den Rocky Mountains nähert, desto niederer ist der Grasbewuchs. Es dominieren Grasarten mit sehr hoher Toleranz gegen die Trockenheit. Beispiele für solche Gräser sind Blue Grama (Bouteloua gracilis) und Needle-and-Thread (Stipa comata).

In dieser Trockenvegetation gibt es auch besonders schöne Blumen, auf die Prinz Maximilian zu Wied immer wieder aufmerksam wurde: Purple Prairie Clover (Petalostemon purpureum), Dotted Blazingstar (Liatris punctata) und Smooth Fleabane (Erigeron glabellus).

Die Reise des Prinzen führte den Missouri aufwärts. Die Steilufer des Missouri sind mit Trockenvegetation bewachsen, die Flachufer sind geprägt durch eine Aulandschaft mit riesigen Pappeln. Im Norden geht die Prärie in eine parkähnliche Landschaft über, deren Charakterbaum eine Art Zitterpappel ist: Trembling Aspen (Populus tremuloides). Im großen Lebensraum "Prärie" bilden sich natürlich immer wieder kleinere Biotope mit ganz speziellen Vegetationsformen aus.

Kulturpflanzen der seßhaften Ackerbauern

Prinz Maximilian zu Wied verbrachte den Winter 1833/34 in Fort Clark nahe dem seßhaften Volk der Mandan. So konnte er die Lebensweise der seßhaften Ackerbauern der Prärie (Mandan, Hidatsa oder Mönnitarris und Arikara) kennenlernen.

Der Mais (Zea mays) war die wichtigste Nahrungspflanze für die seßhaften Völker. Diese Pflanze war von den Bewohnern Mittelamerikas domestiziert worden. Den Bewohnern Amerikas ist damit die Züchtung einer der erfolgreichsten Kulturpflanzen der Welt gelungen. Maximilian schildert uns die vielen Zubereitungsarten durch die Indianer. Für die Lagerung hatten die Indianer eigene Gruben, in denen der Mais, ohne zu verderben, über den Winter gelagert werden konnte. Die seßhaften Völker betrieben auch Tauschhandel mit Mais. Von den Jägervölkern bekamen sie Fleisch und Felle.

Zusammen mit Mais wurden meist Bohnen (Phaseolus vulgaris) gekocht. Auch die Bohnen sind sehr gut lagerfähig über die kalten Winter. Sie gehören zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und waren von den Indianern Mittel- und Südamerikas domestiziert worden. Nach ihrer Einfuhrung in der Alten Welt haben sie viele andere dort bekannte Bohnenarten verdrängt. Es ist bekannt, daß die Hidatsa schon sehr viele Bohnensorten kannten und bereits sorgfältig auf die Sortenvielfalt achteten.

Sehr wichtige Kulturpflanzen für die Indianer waren auch die Kürbisse (Cucurbita pepo und andere Arten). Die Kürbisse wurden in Scheiben geschnitten, auf Fäden aus Gras aufgereiht und auf einem eigenen Gestell auf Stäben getrocknet. Es entstanden gut haltbare, getrocknete Kürbisscheiben, die man im Winter zum Kochen verwenden konnte.

Die Sonnenblume (Helianthus annuus) ist die wichtigste Kulturpflanze, die von den Indianern Nordamerikas domestiziert worden war. Aber auch die wilden Sonnenblumen wurden von den Indianern genutzt. Die Prairie Sunflower (Helianthus petiolans) ist noch heute weit verbreitet in der Prärie.

Wildwachsende Nahrungspflanzen der Jägervölker

Die meisten Indianervölker der Prärie lebten von der Jagd. Da die Jagd nach den Bisons ein aufwendiges Unternehmen war und das Kleinwild meist sehr unergiebig, so wurden viele wilde Nahrungspflanzen gesammelt. Der Aufenthalt der Jäger war oft bestimmt durch das Angebot an pflanzlicher Nahrung.

Bild: Prärie-Rübe
Psoralea esculenta Prairie Turnip

Die Omaha z. B. sollen die Büffeljagd immer dort betrieben haben, wo auch die Prairie-Rübe (Psoralea esculenta) wuchs. Von dieser Pflanze gibt es in der Ausstellung einen Herbarbeleg. Der Schmetterlingsblütler hat eine stärkehaltige Wurzel, die von den Indianern ausgegraben wurde. Sie war die wichtigste wildwachsende Kohlenhydratquelle der Prärie und spielte für die Ernährung eine sehr große Rolle. Alte Entstehungssagen der Indianervölker, in denen die Prärie-Rübe vorkommt, unterstreichen ihre Bedeutung. Daneben wurden noch viele andere Wurzeln genützt, an denen die Prärie sehr reich ist.

Die Blackfoot-Indianer schlugen ihre Sommerlager immer dort auf, wo es auch Saskatoon-Berries (Amelanchier ainifolia) gab. Diese Beeren gehören zu den Rosengewächsen, sie waren für viele Jägervölker überlebenswichtig. Daneben wurden viele andere Sorten gesammelt, die verwandte Arten der auch bei uns vorkommenden Beeren sind, z. B. die Choke Cherry (Prunus virginiana). Herbarblätter dieser beiden Pflanzen sind ausgestellt. Aus zerriebenem und getrocknetem Fleisch und getrockneten Beeren stellten die Indianer "Pemmikan" her. Dies war ein idealer Proviant für den Winter und die anstrengende Jagd.

Bild: Beerengewächs
Amelanchier alnifolia Serviceberry

Im Frühjahr wurden von den Indianern die vitaminreichen grünen Kräuter der Prärie gesammelt und wie unser Salat oder Spinat gegessen. Eine dieser Pflanzen hat Prinz Maximilian sogar das Leben gerettet. Für den hoffnungslos an Skorbut Erkrankten sammelten Indianerkinder eine wilde Zwiebel (Allium reticulatum, Synonym.- Allium textile). Diese bereitete man zu wie bei uns den Bärlauch, und die Krankheit verschwand nach kurzer Zeit.

Man äußerte einst die Meinung, meine Krankheit müsse Skorbut sein. ... Damals habe man im kommenden Frühling die grünen Kräuter der Prärie gesucht, besonders das kleine, weiß blühende Allium reticulatum. ... Man redete mir zu, diesen Versuch zu machen, indianische Kinder versorgten mich in reichlicher Menge mit der genannten Pflanze und ihren Zwiebeln, man schnitt oder hackte sie klein wie Spinat, und ich aß sie in Menge, worauf schon am vierten Tag die Geschwulst meines Beins bedeutend wich und die Besserung mit jedem Tag zunahm. (Nordamerika II, S218).

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